theatercombinat | 17.10. - 14.11.2007 coriolan shakespeare – politische rhetorik als waffe gegen aufbegehrende körper, thepalace, wien (a)

sprache/language/langue: deutsch, english, français


kritiken
pressedossier
fotodokumentation
textbuch coriolan

tragödienproduzenten
turn terror into sport
coriolan review

 

shakespeares politisches diskussionsstück mit einem tanzenden massenchor und 6 akteurInnen in den hallen eines ehemaligen tramdepots. kampf, entertainment, stepptanz. metallplatten auf beton. gründungskonflikte der römischen republik. politische rhetorik. der raum gerät in schwingung durch den aufprall von körpern und sprachen.

in shakespeares tragödie «coriolan» (1607/08) schlagen fortwährend interessen, ordnungen, regeln, rhetoriken, staats- und körperbilder aneinander. stadt - straße - forum - capitol - lager - schlachtfeld. plebejer, patrizier, volksvertreter, senatoren. soldaten, offiziere, helden.


fotos: konstantin küspert


clip: alexander könig; trailer: 1. teil; 2. teil


video: CORIOLAN
 

regie/konzept: claudia bosse, coriolan/volumnia: doris uhlich, aufidius/titus lartius/volumnia: marie-eve mathey-doret, menenius/volumnia: aurelia burckhardt, cominius/volumnia: gerald singer, brutus/ädil/volumnia: christine standfest, sicinius/herold/volumnia: jennifer bonn, dramaturgie: christine standfest, regieassistenz: konstantin küspert, produktion/öffentlichkeitsarbeit: lena wicke, raum- intervention: karoline streeruwitz, christian teckert, beratung raum: jonni winter, übersetzung: bosse/standfest, dokumentation, raumassistenz/produktion: anke dyes, recherche: andreas gölles, produktionsassistenz: brigitte luik, assistenz raum: victoria philipp, archiv: tatjana gerlach, fotografie: konstantin küspert, maria mäser, video: frédéric lombard, ton: arnold haberl, beratung musik: jennifer bonn, werner möbius, beratung licht: gerhard fischer, bürgerInnen: guido aengenheyster, monika bischof, anita broser, iwona brugger, eva cermak, michael de werd, anne decker, linde dröscher, sigrid eder, michaela fink, nada frauenhofer, renate gärtner-horvath, wiebke hebestedt, maria helm, julia jovanovic, roswitha kauer, brigitte kiss, christl kucera, andrea mayer, astrid mayer, rachel moser, isolde müller, ingrid müller, susa muzler, angela nagy, maria ohrfandl, manfred panis, mariella pauls, saskia pauls, ingrid pazdernik, maria theresia pichler, doris prammer, ingrid racz, ewa-maria rogal, thomas scheiber, kristina singer, luzia steindl, marie tappero, michaela wareka, carina zabini.

thepalace – betriebsbahnhof breitensee, hütteldorferstraße 112, 1140 wien, premiere: 17.10.2007, 9 aufführungen

unterstützt von wiener linien, wohnbauvereinigung für private angestellte, österreichisches siedlungswerk, magistrats-abteilung 33 der stadt wien. theatercombinat wird gefördert von wien kultur. dank an ing. thomas chalupsky, mag. dieter dorazin, johann hödl, dipl. ing. gerald parzer, johann polzer


   

shakespeare entlehnt den plot der plutarchschen vorlage – der legende von cajus marcius coriolanus. marcius ist ein römischer general des 5. jh. v. chr. ins exil verstoßen trotz seiner brillanten verdienste, kommt er zurück und wendet sich gegen sein vaterland.

28 szenen, ein dutzend davon auf schlachtfeldern, eine masse von statisten, ein überborden von special effects. das stück zeichnet den beginn der demokratie. klassenkampf, eine zögernde masse. rom, stadt der plebejer und patrizier, der ausgang der römischen republik. jenes stück von shakespeare, in dem das volk zum akteur der geschichte wird.

die textfassung ist inspiriert von der fragmentarischen coriolan-übersetzung von j. m. r. lenz. die deutschen textteile sind neu übersetzt, andere passagen werden im englischen original gesprochen, unterbrochen durch sprachen von mao bis agamben.

in diesem politischen diskussionsstück geht es um das sprechen in situationen. sprechen als waffe, als bezwingen und konstituieren politischer realität. sprechen gegen körper. körper gegen sprechen. über sprechen eingesetzte körper.

durch sprache, spielweise und raumanordnung werden vorstellungen von staat, politik, recht, körper und individuum theatral verhandelt - in einem eklektizismus von ästhetisierungen, die aneinander schlagen, sich reiben und entkleiden. musikalische tools unterbrechen den sprechvorgang und setzen ihn neu zusammen - als populäre masken politischer texte.

6 akteurInnen rhythmisieren die weite und gräben des leerstehenden tramdepots. sie füllen den raum mit unterschiedlichen bewegungscodes und körperbildern. kampf, entertainment, stepptanz. metallplatten auf beton. schmutz, politische rhetorik. der raum gerät in schwingung durch den diskurs von körpern und sprachen und prallt mit ihnen zusammen. die politische ordnung wird eine ordnung des raumes: der raum wird gespannt zwischen drei zuschauerparteien. plebejer gegen patrizier, römer gegen volsker. die zuschauer werden teil der schlachten und der politischen machtkämpfe. formationen aus turn terror into sport werden zum element der inszenierung. der aufstand der straße besetzt die hallen des geländes von thepalace.



fotos: maria mäser

 

kontext
 

491 v. chr.: von den patriziern inszenierte teuerungen führen zu hungersnöten. das regierungsprinzip – «charitable love and care» fürs gemeinwohl - bricht zusammen und wird zum instrument der herrschenden klasse. die plebejer rebellieren und verweigern den geforderten militärischen dienst gegen den feind. dadurch erlangen sie rechte in rom: volkstribunen als ihre stellvertreter im senat. menenius agrippa, ein patrizier, befriedet sie mit einer bis heute wirkenden parabel vom staat als menschlichem körper mit arbeitsteiligen gliedern.

shakespeare schleust in das antike modell die politischen konflikte des sich entwickelnden kapitalismus ein: er integriert die zeitgenössische politische rhetorik der englischen aufständischen von 1607/08 gegen die «enclosures» gemeinnütziger ländereien und ihre folgen (hungersnöte, landflucht) und die der dispute zwischen dem «house of commons» und jakob I. über souveränität, verfassung und absolute herrschaft, die 1649 zur enthauptung des englischen königs und zur ersten demokratie in england führen.



www.theatercombinat.com theatrale produktion und rezeption